Konzertberichte

“Ein Indie-Punk-Feuerwerk erster Kajüte”

Am Samstag, den 3. Dezember 2022 feierten Hi! Spencer zehnjähriges Bandjubiläum im ausverkauften Hyde Park. Im Vorprogramm spielten Jupiter Jones und Alex Mofa Gang.

| Text: Andrés Irurre, Bilder: Marie Hugenroth

Ein bunter Abend im Hyde Park wurde versprochen. Es wurde ein wahrer Rausch der Sinne, was die fünf Hagener Hi! Spencer Boys da für die 1.600 Menschen im restlos ausverkauften Park auf die Bühne zauberten. Ich meine es war auf der Maiwoche, als Sänger Sven Bensmann die frohe Botschaft verkündete, dass Hi! Spencer am Jahresende zum zehnjährigen Bandgeburtstag in den größten Club der Stadt einladen würde. Die Vorfreude war groß in der Fangemeinde. Das neue Werk „Memorie“ wurde erfolgreich über Uncle M veröffentlicht und der Festivalsommer stand vor der Tür.

Ich bin überzeugt, dass wohl jeder hier in der Region lebende Mensch, der etwas mit Rockmusik anfangen kann, schon von dieser Band gehört hat. Gesehen wahrscheinlich auch, denn sie haben echt jedes Festival der Region mehrfach bespielt. Auch jede andere Bühne wurde gerockt. Sei es damals noch bei einem Proberaumkonzert in der Petersburg (als Support der französischen Indie-Hit-Maschine Not Scientists) oder im Bastard Club oder Kleine Freiheit oder Lagerhalle oder Rosenhof oder … puh, ja, eigentlich jede Bühne. Ach ja, Haus der Jugend natürlich auch. Da gewannen die Boys das Rock in der Region Finale 2012. Ihr seht, die haben sich echt den Arsch abgespielt, wie man so sagt. Stufe für Stufe ging es dann langsam nach oben. Der ansteckende Indie-Rock der Band kam wirklich überall gut an. Zurecht! Wer kann fünf smarten Boys aus Hagen a.T.W. schon widerstehen? Also. 

Jetzt zum zehn jährigen (Happy Birthday!) dann der Hyde Park. Es sollte ein Triumphzug werden. Als Gäste wurden die Alex Mofa Gang und Jupiter Jones eingeladen. Das passt also ganz gut, um den Abend zu eröffnen. Die Alex Mofa Gang donnerte dann auch mit viel Spaß inne Backen, um kurz nach sieben über die Bühne. Ein guter Auftakt mit viel Energie. Viele kannten die Band bereits, was man gut an den durchweg positiven Reaktionen erkennen konnte. Crowdsurfing dann auch noch inklusive. Musikalisch bewegt sich die Band irgendwo zwischen melodischen Montreal und rockigem Ärsche-treten. Das die mit ihrem Debüt mal bei People Like You Records gelandet sind, ist für mich immer noch total überraschend. Damals schon. Aber zeigt ganz gut, was deutschsprachige Rockmusik plötzlich für einen Stand in der hiesigen Musiklandschaft bekam. Alex Mofa Gang ist eine der ersten erfolgreicheren Bands aus dem Genre, würde ich sagen. Auch diese Boys haben jedes noch so kleine Konzert mitgenommen und sind jetzt, ebenfalls im zehnten Jahr der Bandgeschichte, zurecht ein Teil der Speerspitze deutscher Rockmusik und ja, von mir aus auch Punkrock. Also deutschsprachigen Punkrock (KEIN Deutschpunk! Dat is wieder was völlig anderes). Auf jeden Fall ein guter Start in diesen Abend. Dann ging’s wieder an die Theke: Für jede Hand ein Bier.

Im Anschluss betraten Jupiter Jones die Bühne. Ich kenne die Band auch schon seit Demo-Tagen. Bin erst kürzlich wieder über ein Review davon in irgendeinem kleinen Punkfanzine gestolpert. Gesehen hatte ich die Anfang der Nullerjahre auch auf einer kleinen Bühne in nem Punkschuppen. Ich kann mich nur nicht mehr daran erinnern. Irgendwann zu der Zeit waren die mal auf Labeltour (GoKart Records Europe) zusammen mit den Labelbuddys Duesenjeager. Letztere sind ja auch hier aus Osnabrück. Und sind supergut (btw: neues Album kommt 2023! Aufgenommen wurde es bereits). Aber gut, das nur am Rande. Jupiter Jones kommen auch vom Land (Eifel), also genau so wie der Headliner des Abends (Osnabrücker Land), und sind sowas wie ne Inspiration für Hi! Spencer gewesen. Mittlerweile gibt es ja auch das Lied „So schön allein“ (auf der EP Memori zu finden), wo Jupiter Jones Sänger Nicholas Müller als Gastsänger zu hören ist. Jetzt sind die Helden alter Jugendtage dann mit dabei. Der Radio-Hit „Still“ wurde gespielt und da sangen dann auch alle mit. Ansonsten war es etwas farblos, was da abgeliefert wurde. Die sind jetzt echt „nur“ noch ne Popband. Da is nix mehr Punk. Aber das war auch völlig okay. Ich hatte schon damals das Gefühl, dass die eher ungewollt im Punk gelandet waren. Man wollte wohl doch eher ins Radio. Hat ja dann auch geklappt. Und „Still“ ist wahrlich ein gutes Lied. Der Hyde Park war jetzt auch komplett voll und die Band wurde gut abgefeiert. Das Saallicht ging an und der Countdown für die fünf Geburtstagskinder ging los. Also wieder ab zur Theke und schnell noch ein paar Biere geholt. 

Was soll ich jetzt noch sagen? Was da plötzlich los war, als es dunkel wurde und Hi! Spencer auf der Bühne standen. Eintausendsechshundert Menschen standen Kopf und die saugut aufgelegte Band feuerte ein Indie-Punk-Feuerwerk erster Kajüte ab. Alter Schwede! Das bestens gelaunte Publikum sang jedes Wort laut mit und feierte ein tolles Fest. Die Setlist ließ keine Wünsche offen. Es wurde gesungen, getanzt, gelacht, geschrien und eine Band gefeiert, die es sich wirklich verdient hat hier und heute diesen großen Liveclub zusammen mit ihren Fans abzureißen. Sympathisch wie immer, führte Frontmann Sven seine Band durch das fast zweistündige Konzert (und dann diese Stimme! Diese Stimme!) Die Punk-Songs sang Malte mit noch mehr Energie als sonst schon. Getragen durch das Publikum, drehten Bassist Jan und Gitarrist Janis am Rad, und Drummer Niklas grinste und ballerte wie immer gut gelaunt, durch das ganze Set. Beste Laune auf und vor der Bühne. Dieser Geburtstag wird noch lange im Gedächtnis bleiben. Das Duett mit Nicholas von Jupiter Jones war ein Höhepunkt. Und auch die „Flamingo-Aktion“ war der Knaller. Wer dabei war, weiß was ich meine. Alle anderen sollten bitte online gucken, was ich meine. Mein persönlicher Lieblingssong „Schalt mich ab“ war dann auch wieder der fast schon traditionelle Rausschmeißer am Ende des Sets und wurde zum perfekten Schlusspunkt. Der Jubel war wahrscheinlich bis zum Rosenplatz zu hören, so laut war es.

Apropos Rosenplatz: im Dezember 2023 werden die Boys gleich zwei Jahresabschlusskonzerte im Rosenhof geben. Tickets gibt es jetzt schon dafür. Für das nächste Jahr stehen also schon mal zwei gute Konzerten an.