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Fuchs & Demar – Bei Ecke

Bereits am 31. März diesen Jahres (2023) erschien das lang ersehnte Album „Bei Ecke“ von Fuchs & Demar. Jetzt endlich haben auch wir ganz genau reingehört und können schon am Anfang dieses Reviews verraten: Es lohnt sich!

| Text und Bilder: Anna Suzuki

Zehn Tracks, 34 Minuten – was zunächst etwas kurz wirkt, kommt dafür aber mit umso mehr Inhalt und Bedeutungsschwere daher. Inhaltlich befasst sich das Album mit Liebe und Leidenschaft, Reflektieren der eigenen Personen, Selbstwertschätzung und Authentizität. Aber auch Kritik an der Musikbranche, der Rap-Szene und der Leistungsgesellschaft finden Eingang, so glaube ich zumindest… Denn so gerne ich mich auch in die warme Bassstimme von Fuchs schmiegen mag, so schwer fällt es mir, die Texte da unten gut zu verstehen. „Es fällt dir leicht mich am Mic zu verstehen, denn du hast dem Scheiß schon ne Zeit zugesehen…“, sagt Uliman im Song „Questions“, was mich zum Schmunzeln bringt. Ich gebe zu, meine Ohren sind nicht auf Rapmusik geschult, also ist das erschwerte Hörverständnis sicherlich auch mein Verschulden.

Zurück zur Musik: mit durchdringenden Bässen und ausgeklügelten Sounds verschafft sich jeder Track des Albums eine ganz eigene Atmosphäre. Besonders ansprechend empfinde ich persönlich die soulig-groovigen Gitarrenlinien, die auf der Hälfte der Songs zu hören sind. In „Weitsicht“ wird es dann sogar richtig jazzig. Der langsamste und ruhigste Song des Albums handelt vom Blick in die Zukunft, sich selbst wertzuschätzen und sich nicht an die Vergangenheit zu klammern. Der Beat ist mit viel Hall verschleiert, als würde man sich nachts vom Club davon bewegen, auf einen neuen Tag hinzu.

Clever unterstützen Beats und Sounds die Texte der einzelnen Tracks und auch, obwohl „Bei Ecke“ bestimmt kein Party-Album ist, ist es doch möglich das ganze Album durch zu bouncen. Nicht zuletzt durch den smarten Aufbau von Sechzehntel-Beats, geerdeten Bässen und Halftime-Chords (→ „Newcomer in den 30ern“), welcher diverse Variationen innerhalb eines Tracks erlaubt.

In „Kein Bock“ passt der sphärische Synthie-Sound und der dumpfe Drum-Beat zur Unter-Wasser-Metapher im Song, der sich mit Überforderung und dem Gefühl unterzugehen befasst. „Kuckuck“ ist mit dem einzigen bösen Wort des Albums mit Abstand der aggressivste Track. Ein energiegeladener Song der die aktuelle Rap-Szene kritisiert, der es an Authentizität mangelt.

Aber nicht nur Rappen können die vier Männer die sich hinter dem Namen Fuchs & Demar verstecken, singen können sie auch – und das genau an den richtigen Stellen wunderbar zweistimmig. Bewiesen wird dies in den Songs „Questions“, „Kein Bock“, „Melancholie“ und „Weitsicht“. Fuchs als sein eigener Octaver (→ „Warte das System“, „Flaschengeist“, „Das“) ist natürlich auch nicht zu vernachlässigen.

In seiner Gesamtheit bringt das Album eine gewisse Schwere mit sich. Gedanken über das Schlechte in der Welt, die Schwierigkeiten des Lebens und des Erwachsenwerdens sowie die Unverbindlichkeit der modernen Zeit ziehen sich durch alle Songs. Jedoch gibt es auch immer wieder den Twist, das Happy End, den Glauben an Veränderung und an sich selbst, der die Hörer*innen nach Innen und nach Vorne blicken lässt.

Fuchs, Demar, Uliman und BossT sind keine frischen Tweens, die sich auf der Bühne selbst pushen und mit Eigenlob besudeln, keine breite Brust und kein Overload an Testosteron, trotz rein männlicher Besetzung, keine überheblichen Jungs mit Geltungsdrang. Es sind erwachsene Männer die auf diesem Album zu ihren Hörer*innen sprechen, auch eben darüber wie es ist erwachsen zu sein, sich anpassen zu müssen, funktionieren zu müssen und davon doch nichts zu haben. Aber auch, dass sie gelernt haben für das zu kämpfen, für das sie brennen und das sich dieser Kampf immer lohnt.

Soundwise ist zu sagen, dass die geläufigen Streaming-Portale nicht mit der Platte mithalten können. Gerade der Nachdruck der Bässe und die Ausgewogenheit der Stimmen im Bezug auf die Musik kommen auf Platte um einiges besser rüber. Meine Empfehlung also: Kauft Euch lieber die Platte und hört sie hoch und runter. Es gibt viel zu entdecken!

Persönliche TOP 3:
1. Weitsicht
2. DAS
3. Newcomer in den 30ern

Fuchs & Demar – Bei Ecke
VÖ: 31. März 2023
erschienen auf One Little At The Corner Music
Bandcamp