Konzertberichte

Keine Stille, kein Erbarmen!

Konzertbericht vom Popsalon 11: Donnerstag, 13. April 2023, Monako (Haus der Jugend) & Moon Hoch (Lagerhalle).

| Text, Bilder & Video: Anna Suzuki

20:30 Uhr, Haus der Jugend: MONAKO

Mein Popsalon-Erlebnis startet am Donnerstag dem 13.05.23 im Haus der Jugend. Die Hamburger Band Monako eröffnet den Abend mit melancholisch, düsteren Klängen. Das Publikum traut sich noch nicht so recht, hält Abstand. Durch die spontane Absage von nand, der eigentlich in der Lagerhalle auftreten sollte, finden viele Besucher*innen spontan den Weg ins Haus der Jugend. Schön eigentlich, dass man einfach mal was ausprobieren kann.

Die fünf Männer auf der Bühne spielen traurige, gefühlvolle und durchdringende Lieder. Der Ausdruck des Sängers Sadek Martin-Massarweh, sowohl in der Stimme als auch im Gesicht, ist einnehmend. Im einen Moment fast weinend, starrt er im nächsten Moment drohend mit verzerrter Miene ins Publikum. Eine facettenreiche Band, ohne Frage. Alle Musiker scheinen Multi-Instrumentalisten zu sein. Alle spielen mindestens zwei Instrumente – den Schlagzeuger mal ausgenommen, aber der hat auch schon genug zu tun. Mehrere Synthesizer, Gitarren und vor allem Effektgeräte schmücken das Bühnenbild. Und singen können sie auch alle. So zieht sich ein fein abgestimmter Wechseln zwischen Effekten und mehrstimmigem Gesang durch das Programm. Mal hallt es mit Echos und Harmonizer durch den Saal, mal donnern wütende Riffs und verzerrte Gitarren von der Bühne. Die ganze Band scheint das Spektakel zu genießen, werfen sich selbst hin und her und schwelgen in ihren Melodien.

„Sprache darf keine Barriere sein“, sagt Martin-Massarweh, „es müssen immer Emotionen übertragen werden.“ Und so ist es. Obwohl niemand im Raum Französisch spricht, hat man doch den Eindruck, in die Gefühlswelt des Sängers eintauchen zu können. „Ein Stück Heimat auf der Bühne.“ Die meisten Songs von Monako sind allerdings auf Englisch. Also nur ein kurzer Ausflug in die Muttersprache des Kanadiers.

Insgesamt ein absolut gelungener Auftakt des 11. Popsalons in Osnabrück. Trotz kurzer Dürrephase in der Mitte gelang es Monako mich immer wieder zu fesseln und mit einem breiten Grinsen zum nächsten Konzert zu schicken.

21:45 Uhr, Lagerhalle: MOON HOOCH

Weiter geht‘s zu Moon Hooch in die Lagerhalle. Das Trio aus New York sprüht vor Energie. Die Band setzt sich aus zwei Saxophonisten und einem Schlagzeuger zusammen. Aber vor allem aus drei Entertainern, die alles geben um das Publikum anzuheizen. Kleine Choreographien, Soli auf den Knien, Stick-Tricks und Verkleidungen – es gibt viel zu sehen. Vor allem ist es aber die Musik, die es einem schon schwer genug macht, sich nicht zu bewegen. Die New Yorker bringen eine Mischung aus Club-Sound, Techno und Jazz auf die Bühne. Die dafür nötigen Bässe, die die Füße aller zum tanzen bringen, kommen entweder aus dem enorm verstärken Bariton-Saxophon oder dem kleinen, aber wirkungsvollen Bass-Synthesizer. Wilde und virtuose Soli können nicht nur die beiden Saxophonisten an der Front zum Besten geben: hinten, im Dunkeln und inmitten einer dichten Nebelwolke sitzt der Schlagzeuger, mit großer Spielfreude und noch größerem Talent. Mühelos verbaut er zwischen schnellen Rhythmuswechseln noch ein paar Spielereien mit seinen Sticks. Bei seinen Soli wird einem vom Zuhören und Zusehen fast schwindelig, so schnell, präzise und virtuos bedient er seine Trommeln.

Pausen gibt es keine. Keine Stille, kein Erbarmen! Auch sich selbst schonen die drei Musiker nicht. Soli werden durch Zirkularatmung eindrucksvoll an einem Stück durchgespielt und nebenbei in zehn Sekunden eben schnell eine Flasche Wasser geext.

Die Stimmung ist ausgelassen. Alle tanzen, alle singen den einen Cover-Song mit. Ansonsten gibt es bei der rein instrumentellen Musik nicht viel mitzusingen. Dennoch wird es heiß im großen Saal der Lagerhalle. So heiß, dass man sich auch auf der Bühne der Kleidung entledigen muss. Allgemein ist die Bühnenshow von Moon Hooch sehr maskulin. Das mag an der Form der Saxophone liegen, aber ich hab manchmal lieber hingehört, als hingeguckt. Der Einsatz einer riesigen Baustellen-Pylone als Saxophonverlängerung mitsamt Warnweste und Helm macht zwar einen humorvollen Eindruck, erinnert aber auch irgendwie an einen Schmuddelkalender. Die schwingenden Hüften verstärken diesen Eindruck noch.

Insgesamt auf jeden Fall ein immens beeindruckendes Konzert, dass vor musikalischer Virtuosität und Entertainment nur so strotzt. Durch die überschäumende Männlichkeit und die nackte Haut aber eher nichts für überall.

Moon Hooch beim Popsalon 2023 in der Lagerhalle.