Konzertberichte

Post-Punk, Indie-Beats und Nylonseitenpunk

Konzertbericht vom Popsalon 11: Samstag, 15. April 2023, Lagerhalle: The Robocop Kraus, Mola und Acht Eimer Hühnerherzen.

| Text: Andrés Irurre, Bild: Anna Suzuki

Dieses Jahr stand die nun bereits elfte Auflage des Popsalon in Osnabrück statt. Der Popsalon ist ein dreitägiges Clubfestival, welches sich durch die ganze Stadt zieht. In fünf verschiedenen Venues spielen unzählige tolle Newcomer und etablierte Bands, die neue aufregende Musik präsentieren. Im Laufe der Jahre hat sich das Festival zu einem tollen und beliebten Event entwickelt, dass durch das großartige Booking, regelrecht zu einem Sprungbrett für Newcomer geworden ist. Hier haben bereits Künstler wie Krakftklub oder Cro eines ihrer ersten Festivals gespielt – “als die noch klein waren”. Aber auch unzählige weitere Acts wie Friska Viljor, Turbostaat, Bosse, Olli Schulz, Sophie Hunger, We Were Promised Jetpacks, Messer, Max Prosa, OK Kid, Voodoo Jürgens, Bilderbuch, Leoniden und und und waren über die ganzen Jahre beim Popsalon zu Gast.

Jetzt ist also wieder April und damit Popsalon-Saison in Osnabrück. Geschafft habe ich es dann letztlich zum dritten Tag. Das diesjährige Line-up war extrem stark, dass schon mal am Rande erwähnt. In der Lagerhalle eröffneten ROBOCOP KRAUS den Abend. Die 1998 gegründete Post-Punk-Band hatte 2007, nach stetig wachsendem Erfolg, für einige Jahre pausiert und spielt seit ein paar Jahren sporadisch wieder Konzerte. Pünktlich zum Popsalon-Wochenende veröffentlichte die Band ihr neues Album (das erste richtige Album seit der 2007’er Platte Blunders & Mistakes welches beim amerikanischen Punk-Label Epitaph erschien), aus dem dann auch gleich mehrere  Songs gespielt wurden. Als das Konzert begann, war ich mir relativ sicher die Band schon mal live gesehen zu haben… nur wann und wo? War es noch im Unicum oder schon im Glanz & Gloria oder doch woanders? Nun ja, egal, was soll’s. Ich komme da eh nicht mehr drauf.

Die Band spielte sich souverän und unterhaltsam durch ihren von der Orgel dominierten Post-Punk, der immer wieder stark am Indie-Sound der Nullerjahre nippte. Wenn es mal zügig nach vorne ging, meist bei älteren Songs der Fall, waren dies die stärksten Momente der Musik von ROBOCOP KRAUS. Die ganz ganz großen Gesten gab es hier (noch) nicht. Diese überließ man dann doch lieber den jüngeren Musiker*innen, die im Anschluss folgen sollten. Aber erstmal wurde sich stilsicher und smart durch ein tolles einstündiges Set gespielt. Gut zu wissen, dass es aus der Nürnberger Region neben Amen81 und Akne Kid Joe und von mir aus auch Maffai (die wären sogar auch mal was für den Popsalon), noch ne gute Band (wieder) gibt.

Zu Gast beim Popsalon 11 in der Lagerhalle: Mola aus München. Foto: Andrés Irurre

Verschwitzt ging es dann erstmal vor die Tür und an die Theke, denn jetzt sollten MOLA aufspielen. Das ist ‘ne Gang mit Amore aus München. Hab ich irgendwo aufgeschnappt. Okay, wieso nicht etwas MDMA-Partygewitter mit tanzbaren Pop-Beats aus dem ansonsten sehr biederen Freistaat, dachte ich mir. Lass ich mich mal überraschen. Eines vorweg: es hat gezündet. Und wie! Sängerin Isabella ist einfach ne super sympathische Frontfrau, die weiß wie man das Publikum packt und unterhält. Indie-Beats und viel Amore und Party um halb sieben morgens. So hört sich die Band an. Das Publikum kam ordentlich in Schwung und feierten MOLA ab. Toller Gig. Es war absolut die richtige Entscheidung in die Lagerhalle zu gehen.

Gespannt wartet das Publikum auf den Headliner am Samstag in der Lagerhalle: Acht Eimer Hühnerherzen. Foto: Andrés Irurre

Dann gab’s wieder einen Thekenbesuch um sich schon mal auf die letzte Band des Abends einzugrooven: ACHT EIMER HÜHNERHERZEN aus Kreuzberg. Seit 2018 sind die drei unterwegs und haben mittlerweile drei Alben veröffentlicht. Das neuste Album “Musik” erschien vor gut einem Jahr bei Kidnap Music, dem Label von Pascow-Sänger Alex (hier passt mal kurz die Info rein, dass Pascow am 13.05. auf der Maiwoche spielen werden!). Da passen ACHT EIMER HÜHNERHERZEN auch gut rein, gibt es ja beim Bassisten Jacho die alte Verbundenheit zum Punk Rock. Herr Bottrop war ja mal Gitarrist der Terrorgruppe und davor bei den kultigen Hostages of Ayatollah aus Velbert. Sie selbst nennen es “Nylonseitenpunk”, was sie da auf der Bühne fabrizieren. Kann man so stehen lassen, auch wenn es alles und nix heißen kann. Sängerin Apokalypse Vega erinnert stimmlich an Inga Humpe, als diese noch bei den Neonbabies war, oder Annette Benjamin von Hans-A-Plast oder wer es ganz wild möchte: an Judith Holofernes von Wir sind Helden, wenn diese etwas rotziger singen würde. Besser geht’s doch nicht, oder? Wir haben also ganz klar NDW-Sounds hier und weil mit halbakustischen Gitarren und Bass gespielt wird, erinnert es auch immer wieder an Violent Femmes oder die Vaselines. Die Texte sind charmant-pöbelnd und kreieren so einen Stil, mit dem diese Band zur Zeit was sehr Eigenständiges hat. Nicht umsonst ist die jetzige Tour durchgehend ausverkauft. Das Publikum liebt die spröde Popmusik von ACHT EIMER HÜHNERHERZEN. So auch das gut gelaunte Osnabrück. Es herrschte durchweg top Stimmung. Klar, der Song “Eisenhüttenstadt” ist ein verdammter Ohrwurm aber “Endlich fluchen” kommt live einfach richtig gut. Das hat sehr viel Spaß gemacht. Toller Gig. Tolles Festival. Ich freue mich auf die zwölfte Runde im nächsten Jahr.

Robocop Kraus beim Popsalon 2023 in der Lagehalle, Video: Anna Suzuki