Konzertberichte

Tourbericht: AVEM + RAZOR SMILEZ Tour 2023

Ende Juli 2023 spielten Avem und Razor Smilez ein paar gemeinsame Deutschland-Shows. Einen ausführlichen Bericht hat Razor Smilez-Drummer Andrés für uns geschrieben.

| Text und Bilder: Andrés Irurre

Und dann war es endlich soweit. Im Sommer 2023 sollte es für ein paar Tage mit der kanadischen Punkrock-Band AVEM auf Tour gehen. Das Booking und die Urlaubsplanung gestaltete sich dann doch etwas schwieriger und am Ende standen wenigstens drei gemeinsame Konzerte fest. Für AVEM ging es aber bereits ein paar Tage früher los. Die Tour startete beim PUNK ROCK RADUNO Festival im norditalienischen Bergamo. Ein mehrtägiges Festival mit unzähligen Bands und Besucher*innen aus der ganzen Welt. Eines der wohl besten und sympathischsten Festivals in Europa. Umsonst ist es auch noch. Absolute Empfehlung dieses Fest mal zu besuchen.

Nachdem man vom Festival ausgenüchtert war ging es nach Osnabrück um die freien Tage zu überbrücken. Das gelang der Band ganz ausgezeichnet! Sie verliebten sich in das deutsche Bier, den Grünen Jäger und das Trash. Die Zeit wurde also bestens genutzt.

Am Freitag (21.07.) wurden die Sachen gepackt und es ging nach Bayreuth in die Schokofabrik. Hier gibt es jährlich ein kleines und liebevolles Festival für die Jugendlichen der Stadt. Die örtliche Gemeinde hingegen steckt ihr Geld lieber in die Wagner Festspiele anstatt in die Jugendarbeit. Auch geht alles in die örtliche Infrastruktur und so ist die fränkische Kleinstadt für elf Monate eine einzige Baustelle – nur um für die Festspiele hübsch herausgeputzt zu sein. Zum Glück gibt es aber eine aktive Subkulturszene, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Alternativen für die jungen Menschen vor Ort zu schaffen. So gibt es also dieses riesige, alte Fabrikgebäude, was nach und nach liebevoll umgebaut wird. Zusammen mit den Jugendlichen wurde ein Skatepark in die Halle gesetzt. Dazu gibt es unzählige Gemeinschaftsräume, Küche, Toiletten und zwei geile Veranstaltungsräume für 500 Menschen und ne Kneipe mit Bühne, wo 120 Menschen rein passen. Der perfekte Ort für den ersten Festivaltag. Zwei Bands sollten spielen.

Den Anfang machte eine lokale Band. Leider habe ich den Namen vergessen. Sorry. Die waren aber top und brachten das Publikum schon mal direkt gut in Wallung. Es sollten dann auch 120 Personen zum Konzert kommen und die Kneipe der Schokofabrik komplett voll machen! Ich war begeistert, denn den Hauptact AVEM kannte ja noch niemand. Hier sollte also der allererste Deutschland-Gig der Band stattfinden. Ich kann schon mal verraten, dass es ein voller Erfolg wurde. Das Publikum drehte völlig durch und war von der Band begeistert. AVEM mussten mehrere Zugaben spielen. Am Ende war es das längste Konzert welches die Band jemals spielen sollte. Der Auftakt der Deutschland-Tour war also schon mal ein voller Erfolg. Zufrieden wurde alles eingepackt und im Hotel eingecheckt. Dann ging es in die Stadt und in eine urige, bayrische Kneipe. Die Nacht war sehr kurz. Am nächsten Morgen wurde das Hotelfrühstück getestet und für gut befunden. Es ging dann wieder auf die Autobahn zurück nach Osnabrück, denn die Band sollte im Bastard Club (22.07.) spielen.

Pünktlich war man im Club und kam langsam wieder in Fahrt. Gegen halb neun eröffneten die vier Kanadier den Abend. Nach 35 Minuten war das Publikum fest im Griff und die Band wurde gefeiert. Der mitgebrachte Merchandise ging sehr gut weg und man konnte den Rest des Abends genießen. Der Hauptact heute war die USA-Punklegende T.S.O.L. (True Sounds of Liberty). Ich sah ein sehr gutes Konzert. Ein spitzen Abend endete dann im Grand Hotel – bis zum Sonnenaufgang. Der Sonntag wurde zum schlafen genutzt, denn am Montag ging es dann auch schon nach Hamburg.

In Altona gibt es den besten Hamburger Underground-Club Monkey‘s Music Club. Absolute Empfehlung! Hier eröffneten AVEM pünktlich um halb neun am Montag (24.07.) vor gut 100 Punks, Skinheads und anderen wilden Gestalten, den Abend. Die Band wurde auch hier wieder von ein paar Fans besucht, die bereits vor einer Woche in Italien beim Festival waren und die Band unbedingt noch einmal sehen wollten. Dieser Spaß sollte sich tatsächlich jeden einzelnen Abend seit dem ersten Gig wiederholen. Die super sympathischen Kanadier eroberten mit ihrem offenen Auftreten einfach jedes Herz im Sturm. Einfach schön sowas zu erleben und mit dieser Band dann auch noch arbeiten zu dürfen. Da hat sich das Buchen der Tour also mehr als gelohnt. Es passte zwischen Band und mir von der ersten Sekunde an. Ich war total happy mit der bisherigen Tour und die Band erst recht. Jeder Abend war sehr gut besucht. Etwas, das absolut keine Selbstverständlichkeit ist, denn erstens kannte die Band um Vorfeld niemand, denn es war die erste Europa- bzw. Deutschland-Tour überhaupt. Mit ein Grund, weshalb es schwer war, die Band dann auch noch während (!) der Festivalsaison in die Clubs zu bekommen. Am Ende passte trotzdem alles und die Stimmung war durchgehend gut. Das Hamburger Publikum war am Ende des 30-minütigen Sets begeistert und kaufte den Merch leer. Noch am Abend wurden weitere Platten vom europäischen Plattenlabel Bearded Punk Records (aus Belgien) geordert und auch neue T-Shirts mussten in zwei Tagen hergestellt werden, denn jetzt ging es langsam auf die Zielgerade.

Endlich waren die RAZOR SMILEZ mit dabei. Den gemeinsamen Auftakt machten beide Bands im Osnabrücker Unikeller (27.07.). Basti hatte eh Bock auf etwas Punk Rock und so wurde der Donnerstag zum Punkabend. Die sympathische Kellerkneipe füllte sich schnell und um kurz nach neun eröffneten wir mit den RAZOR SMILEZ den Abend mit einem knackigen Set. Die Stimmung war total super und die AVEM-Jungs sprangen plötzlich spontan auf die kleine Bühne und sangen beim Song Stick Em Up mit. Später sang dann noch Martín, Sänger der leider aufgelösten Band HIRNSÄULE, beim Song Zu Atrapa Arte mit. Das war auch ein großer Spaß. Ganz nebenbei war es dann auch der erste Osnabrück-Gig mit unserem neuen Gitarristen Marco. Die Stimmung war super und alle freuten sich auf die vier verrückten Kanadier. An diesem Abend tauchten auch mehrere Menschen auf, die die Band im Laufe ihrer Kneipenabende kennen gelernt hatten und die zum Teil eigentlich gar nix mit Punkmusik zu tun hatten, aber einfach die netten Boys wiedersehen wollten. Auch kamen AVEM-Fans extra aus Bremen und dem Ruhrgebiet angereist um die Band live zu sehen. Dass die bereits in Italien dabei waren, muss ich wohl nicht extra erwähnen. Diese Band hinterlässt einfach überall einen bleibenden Eindruck. Das Konzert im Unikeller war dann auch wieder grandios und es wurde ausgelassen getanzt. Die obligatorische Aftershow-Party fand spontan irgendwo in der Wüste statt.

Am nächsten Tag war pünktlich Treff um alles in den Van zu packen. Es ging auf die Bahn nach Hannover. Auf der A2 fuhren wir dann direkt in eine Vollsperrung und erfuhren davon zum Glück 50 Meter vor der nächsten Abfahrt. Also runter von der Bahn und durch Ostwestfalens Dörfer gewackelt. Dabei fuhren wir dann auch noch am Festivalkult in Porta Westfalica vorbei. Da sollte es aber erst am nächsten Tag hingehen. Erstmal ging es nach Hannover in die Nordstadtbraut (28.07.). Das ist die wohl beste Kneipe in der Landeshauptstadt. Wie immer waren wir super pünktlich vor Ort und konnten gemeinsam in der Sonne vorm Laden sitzen und die Zeit genießen. Irgendwann wurde aufgebaut, der Sound wurde gecheckt und dann ging es kurz was essen um die Ecke. In Sichtweite der Nordstadtbraut gab es gefühlt so zehn Dönerläden. Wir gingen einfach in den nächstbesten rein. Der war auch ganz gut. Es gab viel auf den Teller und es schmeckte gut. Als alle gestärkt waren ging es zurück und nach einem halben Bier eröffneten wir mit den RAZOR SMILEZ den Abend. Es war wie in einer Sauna. Die Stimmung also am Siedepunkt! Der Laden war voll und ging begeistert mit.

Dann waren wieder AVEM an der Reihe. An dieser Stelle sollte ich eventuell mal erzählen was diese Band eigentlich für einen Sound macht, oder? Also. Die Musik ist ein super melodischer und tanzbarer Mix aus Punkrock der Ramones, alten Green Day Dookie-Zeiten und Teenage Bottlerocket, also eigentlich den BURGER WEEKENDS gar nicht mal so unähnlich, hihi. Mit anderen Worten: crispe Gitarren und Bass mit straightem Drum-Beat und mehrstimmigen Gesang. Dazu eine super aufgelegte Band, die mit ihrer Spielfreude ansteckend aufs Publikum wirkt. Und was wirklich was einmaliges ist: AVEM singen ausschließlich über Vögel! Jedes Lied erzählt über diese fliegenden Tierchen oder aus der Sicht von ihnen. Ich mag die völlig unaufgeregte Art, auch eigentlich schwere, sozialkritische und politische Themen auf diesem Weg einfach sympathisch, frech und mit Augenzwinkern verarbeiten zu können. So macht es einfach Spaß und es verfällt nicht in 08/15-Texte. Ein tolles Konzept, einfach und unkompliziert umgesetzt. Die Idee kam der Band übrigens spontan bei einer Probe, als man auf dem Balkon stand und man überlegte worüber man denn die Texte schreiben sollte. Da die Band im Norden Kanadas lebt, also mitten im nirgendwo, ist man von nichts anderem als Natur umgeben. Die Vögel zwitscherten laut und fröhlich vor sich hin und so kam die Idee: Wieso nicht einfach über diese putzigen Tiere singen? Im Laufe der Tour und den ganzen langen Fahrten und Tagen erfuhr ich unfassbar viel über die Fauna. Die vier Jungs sind echt Nerds in dem Bereich. Also zurecht NERDING ABOUT BIRDING!  

Okay, kommen wir zurück zur Tour. Das Konzert in Hannover war wieder der Knaller und ging noch sehr lange bis in den nächsten Tag. Ich muss nicht extra erwähnen, dass beide Bands sich auf anhieb mochten und die gemeinsame Zeit einfach nur super lustig war und wie im Flug verging. Am nächsten Tag wurde im die Ecke gefrühstückt und dann ging es zum Festivalkult (29.07.). Ich war bereits schon mal mit den BURGER WEEKENDS da und war total begeistert. Das Festival ist umsonst und draußen direkt an der Weser. An drei Tagen wird hier nonstop gefeiert und auf drei Bühnen und mehreren DJ-Areas gibt es unzählige Künstler*innen und Bands zu sehen. Wir durften mit beiden Bands auf der Bahndammbühne spielen. Wir waren mittags schon auf dem Gelände und sogen die tolle Stimmung auf. Trotz der 10.000 Zuschauer*innen ist es überschaubar und völlig stressfrei. Besser geht’s nicht. Das Catering ist auch richtig geil. Ich denke man kann erahnen, dass ich es da super finde.

Am späten Nachmittag waren wir dann mit den RAZOR SMILEZ an der Reihe. Wir hatten total den Spaß in den Backen und haben jede Sekunde unseres Sets genossen. Da war es auch völlig egal, dass es während unseres Sets einen Regenschauer gab. Davon ließen wir uns nicht beirren und das Publikum feierte einfach fröhlich mit. Gemeinsam trotzten wir dem Wetter. Es war auch für mich einer der schönsten Gigs überhaupt. Als wir dann fertig waren kam auch die Sonne wieder raus und es sollte das einzige mal bleiben, dass es regnete. AVEM waren dann etwas später an der Reihe. Gegen acht Uhr am Abend war es dann auch endlich soweit. Die vier Jungs spielten ihren letzten Gig der diesjährigen Tour beim Festivalkult 2023! Vor der Bühne wurde es immer voller und nach drei, vier Songs hatte die Band auch an diesem Abend das Publikum erobert. Auch der plötzliche Stromausfall und die mehrminütige Pause konnte der durchgehend tollen Stimmung keinen Abbruch tun. Die Band spielte sich, wie jeden Abend, direkt in die Herzen des Publikums. Ich freute mich jedesmal aufs neue darüber, das sehen zu können. Als die Jungs dann glücklich und erschöpft von der Bühne kamen wurde nur noch gefeiert.

Die Tour war schon durchgehend voller Höhepunkte, aber die letzte Show ballerte noch mal extrageil! Wir verbrachten noch Zeit mit der super tollen Festivalcrew und den anderen Bands und sahen uns noch ein paar Bands an. Joey Avem und ich waren dann auch die letzten im Backstage und durften noch den spontanen Shuttleservice vom Chef persönlich zum Hotel genießen. Danke dafür noch mal! Vorm Hotel trafen wir noch auf andere Bands und Crews vom Festival und gemeinsam wurde noch in geselliger Runde das letzte Bier geleert. Dann musste ich dann doch irgendwann ins Bett. Ich musste noch mal an die letzten zehn tollen Tage denken und wie erfreulich gut es für alle lief. Es war mal wieder ne top Zeit. Ich liebe es einfach auf Tour zu sein. Wir haben die wohl besten Menschen Kanadas kennen lernen und gemeinsam eine tolle Zeit verbringen dürfen. Was möchte man mehr? Musik verbindet einfach. AVEM werden übrigens im Sommer 2024 wieder auf Tour kommen. Selbstverständlich dann auch nach Osnabrück! Wir können uns also schon mal darauf freuen!