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Werner Kavermann & Von Korf – Shoot out the light and drink me now

Werner Kavermann & Von Korf – Shoot out the light and drink me now | VÖ: Juni 2022 | Rekord Musik

| Text: Jens Engel, Bild: Von Korf

Irgendwie kommt das bekannt vor: Ein Künstler wendet sich der Musik zu, akquiriert eine Band und heraus kommt ein bemerkenswertes Album – nun spielt die Geschichte, um die es hier geht, nicht im New York vergangener Dekaden sondern ganz aktuell im Hier und Jetzt, in Deutschlands vermeintlicher Blues-Hauptstadt Osnabrück und der Künstler produziert die Songs auch nicht „nur“, sondern schreibt und singt sie selbst. Das Ergebnis ist außerordentlich erstaunlich.

Werner Kavermann hat wohl immer mal im heimeligen Freundeskreis zur Gitarre gegriffen und gesungen, so richtig hervorgetreten ist er musikalisch jedoch bisher eher nicht. Dass er es im nunmehr 61sten Lebensjahr endlich tut, ist ein Glücksfall, denn eine solche Stimme gibt es in Deutschland wohl kaum ein zweites Mal. Am ehesten gemahnt der erste Eindruck an Tom Waits, nur dass Kavermann sein Organ nicht so sehr ins geräuschhafte treibt, sondern relaxt, ja fast abgebrüht klingt; in diesem Sinne eher wie der späte Leonard Cohen, manchmal auch einfach wie Sven Regener, was hier absolut als Kompliment zu verstehen ist.

Kavermanns Songs sind meist dahinmäandernde zwei Akkord Repetitionen. Sie wirken skizzenhaft, durchaus farbig, nie aber schwelgerisch; wohlgesetzte, gedeckte Pinseltupfer in schwarz-weißen Tuschfederzeichnungen. Den so gewonnen Stimmungen wird Raum gegeben sich zu entwickeln, in die Herzen und Köpfe einzusickern – Sternenstaub.

In seinen künstlerischen Arbeiten beschäftigt Werner Kavermann sich schon seit langem mit dem Thema Krise und Katastrophe, persönlich wie gesellschaftlich. Seine Songs spiegeln das ebenfalls – auf eine abgeklärt humorvolle Weise. Ach, könnten wir doch auch all unsere Krisen und Katastrophen, die kleinen wie die großen, auf gleiche Art antizipieren und in Schönheit verwandeln.

Die neun Songs des Albums sind teils auf Deutsch, teils auf Englisch getextet und wurde im Rahmen der Künstler-Corona-Förderung der Stadt Osnabrück, innerhalb von nur zwei Tagen, live im Studio eingespielt. Das tut den Songs merklich gut. Eine „geleckte“ Produktion mit Overdubs wäre hier kaum zielführend gewesen und Kavermanns versierte Begleitmusiker machen das souverän, lassen Freiräume, damit die Stimme wirken kann, und stützen sie, wenn es mal nötig ist.

Überhaupt steht den Songs die Minimal Rock Band von Korf gut zu Gesicht. Die drei Musiker sind hinreichend artifiziell, so dass man ihnen die Stoik, mit der sie Kavermann begleiten, auch abnimmt. Die Instrumente sind dabei gekonnt arrangiert und zwei der Stücke werden darüber hinaus noch von einer Bassklarinette umweht – Signatur Sounds der besonderen Sorte.

Entstanden ist ein faszinierendes Album mit außergewöhnlichen Songs, in die so mancher sich verlieben wird.

Schön, dass wir das noch hören dürfen.

Werner Kavermann, Von Korf, Shabnam Parvaresh –
Shoot out the light and drink me now
VÖ: Juni 2022
Rekord Musik
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